Das Universum an sich ist ständig im Wandel begriffen. Es folgt nicht nur festen und wiederkehrenden Rhythmen an Planetenkonstellationen, sondern aufgrund der planetaren Bewegungen, mit denen das Universum sich ausdehnt, kommt es zu einmaligen und nicht wiederkehrenden Planetenkonstellationen. So teilen Astrolog*innen das Voranschreiten der planetarischen Verhältnisse in Zeitalter ein. Es ist deutlich erkennbar, dass der Geist von Zeitalter zu Zeitalter wechselt und auch nicht wiederkehrt. Historisch betrachtet bringt jede Epoche einen eigenen vorherrschenden Geist hervor, einen eigenen Menschentyp und eigene Entwicklungen auf allen Lebensgebieten. Es handelt sich dabei um Fortschritt, selbst wenn vieles aus menschlicher Sicht nicht als Fortschritt gedeutet wird. Der Wechsel in der Persönlichkeitsentwicklung vom Passivpol in den Aktivpol mag sich für die Umwelt unangenehm und noch egozentrischer ausnehmen, aber er ist ein Fortschritt, für den Psycholog*innen innerhalb ihrer Arbeit immens dankbar sind, wenn sie ihn bei ihren Patient*innen erzielen. Auch der Wechsel auf die Yin-Linie, der noch ein hohes Maß an bipolaren Spannungsverhältnissen (Spannungen zwischen „oben“ und „unten“ im Gegensatz zum dualistischen Spannungsverhältnis zwischen „rechts“ und „links“) und Bewusstseinsschwankungen mit sich bringt, ist ein weiterer Schritt hin zu sich selbst und damit ein Fortschritt.
Das altchinesische I Ging beschreibt dieses Werden von allem, was ist, über 64 Zeichen, die für 64 Lebensthemen stehen und beschreibt es pro Zeichen auf sechs Transformationslinien. Selbst der Rückzug der Energie oder sogar der Niedergang im Wechsel zum nächsten Zeichen wird dort als Teil des voranschreitenden Wandels im Werden und Vergehen aufgefasst. Der kosmische Bewusstseinsstrom ist gemäß dem Wandel des Universums in jeder Minute verschieden von der vorherigen Minute, selbst wenn universelle Werte konsistent bleiben, weil sie der Teil des Ewigen in uns sind. Wenn wir annehmen, das Universum sei aus einem Zustand der Stille und des Friedens heraus entstanden, und wenn wir dann annehmen, das Ziel sei die erneute Stille und der erneute Frieden aufgrund der maximalen Ausdehnung des Universums, und wenn wir unter dieser Stille nicht Stockung und Zerstörung, sondern Dankbarkeit und Weisheit denken, nämlich die um Erfahrung angereicherte Stille und der um gewonnenes Vertrauen erhöhte Frieden, dann ist das Ziel des Menschen analog dazu, seine maximale geistige Expansion. Ihr Äquivalent zur kosmischen Ausdehnung ist die Selbstwerdung (nicht die Selbstentgrenzung, sondern die Selbstentfaltung) des Menschen, insofern der Mensch sich in seine höheren Schwingungen und in die ihn weit umgebenden Auraschichten hinein ausdehnt.
Ist der Mensch sich nur seines Körpers bewusst, lebt er in Angst und in Mangelgefühlen. Der Versuch der Entgrenzung würde dazu führen, dass die Ängste und negativen Empfindungen verdrängt werden und das dass Selbst als Bild konstruiert würde, ohne anschließend tatsächlich dem Selbst, wie es eigentlich als Eigenkraft vorliegen würde, zu entsprechen. Dehnt der Mensch aber sein Bewusstsein auf weitere Auraschichten aus, indem er*sie sich zum Beispiel dem I Ging nach die jeweils nächste Entwicklungslinie erschließt, wird er*sie mit dem kosmischen Geist immer synchroner schwingen. Statt seines*ihres Habenwollens in der Identifikation mit der Materie entwickelt er*sie ein Seinwollen und ein Gebenkönnen und schließlich ein echtes Sein und reines Geben, das irgendwann als bloße Präsenz und im Zustand der erneuten Stille in die Welt strahlt.
Der Mensch entwickelt sich also aufgrund seiner Bewusstseinsausdehnung mit dem Universum zusammen in eine um Erfahrung angereicherte Stille hinein, die zur Weisheit wird und in einen um Vertrauen erweiterten Frieden hinein, der zur Dankbarkeit wird. Das ist das transrationale Bewusstsein gegenüber dem prärationalen Bewusstsein. Im Rhythmus des Jahresverlaufs symbolisieren die beiden Anfangsmonate Januar und Februar die Lebensqualitäten Stille und Frieden und die beiden Endmonate November und Dezember die Dankbarkeit und die Weisheit. Dazwischen liegt ein Jahr voller Arbeit und Unternehmungen, über die sich Natur und Mensch entfalten konnten.
Egal, mit welcher konkreten spirituellen Kraft ein Mensch in der Welt wirkt und die kosmische Partnerschaft verwirklicht, er*sie trägt immer zum Fortschritt bei, weil Fortschritt die Manifestation der kosmischen Partnerschaft mit der Welt ist. Also ist die Manifestationskraft die Fähigkeit eines Menschen, Fortschritt zu bewirken, indem er*sie den Kosmos durch sich wirken lässt und die kosmischen Werte so in die Welt bringt in Wort und Schrift und Musik und Bewegung und Geschmack und Berührung und auch im Duft und im Lächeln und im sanften Sprechen und im Spiel. Die Manifestationskraft ist die Macht, Dinge wirklich werden zu lassen, sie über die Bewusstseinsausdehnung aus der Transzendenz in die Immanenz hereinzuholen bzw. sie dort eigentlich nur sichtbar zu machen. Dabei greift der Kosmos auf die menschliche Ressource der Konsistenz zu, der Übereinstimmung von Ich und Selbst oder von Existenz und Essenz.
Aus antiquierter Sicht war die Manifestationskraft eine magische Fähigkeit, Zauberkraft oder Hexenkunst. Es war die Kraft der Mystiker*innen. Bei der Beherrschung der Magie besteht die höchste Kunst darin, auch das Bewusstsein anderer so ausdehnen zu können, dass Menschen gemeinsam etwas manifestieren, der Glaube also Berge versetzt (oder Fische vermehrt oder Wasser in Wein verwandelt oder Kranke heilt). Hier wurde und wird auch von Wundern gesprochen: Es handelt sich aber „nur“ um die manifest gewordene Bewusstseinsausdehnung von Menschen, die einen geistigen Raum teilen, in der Erhöhung der Bewusstheit für die Partnerschaft mit dem Kosmos. Von Auraschicht zu Auraschicht (oder von Entwicklungslinie zu Entwicklungslinie) verwirklicht man mehr Weisheit, Ganzheit, Nachhaltigkeit, Liebe und wird mit sich selbst identisch. Mehr ist es nicht. Menschen mit sehr hoher Bewusstheit können diese Ausdehnung auch bei anderen Menschen bewirken, indem sie sie subtil auf das hinweisen, was jenseits von Angst und Mangelempfinden sonst noch zu sehen sein könnte, zum Beispiel eine Fülle an Fischen, an Wein oder an Gesundheit.
© Ariela Sager
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